Das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz)

Das Amtsgericht hat mit seinem heutigen Aufgabenkreis erst durch das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.01.1878, deren Ziele alle Länder bis zum 01.10.1879 verwirklichen sollten, zu existieren begonnen. Davor waren die Aufgaben eines Amtsgerichts im Bereicht der historischen Pfalz auf Ämter verteilt, deren Wurzeln in der Kurpfalz in den Oberämtern Neustadt, Germersheim, Lautern, Lauterecken, und dem Unteramt Freinsheim (aus dem Oberamt Alzey) lagen. Diese Ämter wurden gegen Ende des 18. Jahrhundert durch einen Landschreiber geleitet, dem jeweils ein vom Kurfürsten eingesetzter Oberamtsschreiber mit seinem Registrator zur Hilfe beigeordnet wurde. Der Landschreiber führte als Vorsitzender das Gericht an und wurde in der Kurpfalz Oberfauth genannt. Ihm standen vier Schöffen und ein Gerichtsschreiber zur Seite, einem Oberamtsunkostenempfänger, einem Physikus und Wundarzt, vier Advokaten, zwei Amtsreitern und einem Boten. Viele der Aufgaben dieser Ämter finden wir heute bei den Amtsgerichten wieder, insbesondere soweit es die Freiwillige Gerichtsbarkeit betrifft. So gab es zum Beispiel für den Bereich des Vormundschaftswesens einen Amtsträger, der Ausfauth genannt wurde und für Waisenkinder und geistig behinderte Menschen zuständig war. Durch die Herrschaft der Franzosen über die linke Rheinseite erhielt auch die Pfalz ab 1792 die mit dem Gesetz der 1. Republik geschaffenen Friedensrichter, welche auch nach 1816 als Königliche Friedensrichter bestehen blieben. Vormundschafts-, Nachlass- und Grundbuchsachen wurden zunächst als Folge der franz. Tradition von Notaren bearbeitet und erst später auf das Bezirksgericht Frankenthal übertragen. Nach der Gründung der Amtsgerichte wurde das Amtsgericht Frankenthal (Pfalz) zunächst in einem Barocken Gebäude aus der Zeit des Kurfürsten Carl-Theodor in der Nürnberger-/ Ecke Kanalstraße untergebracht (siehe Abb. 1), wo es bis zur Jahrhundertwende blieb.

Als Frankenthal in einer Zeit wirtschaftlichen Aufblühens einen neuen Justizpalast für das Landgericht erhielt, wurde - direkt im Anschluss an das auf den Mauern eines ehemaligen Hospitals errichteten Landgerichtsgebäudes - in der Bahnhofstraße ein neues Amtsgerichtsgebäude errichtet, dessen wunderschöne Fassade (siehe Abb. 2) Ausdruck eines stolzen Bürgertums dieser Epoche wiederspiegelt.

Das Amtsgerichtsgebäude fiel, wie so viele Gebäue in der Frankenthaler Innenstadt, den alliierten Bomben in einem verheerenden Luftangriff am 23.09.1943 zum Opfer, und wurde bis auf die Grundmauern vollständig zerstört. Bis Kriegsende wurde der Dienstbetrieb in Grünstadt fortgesetzt. Am 07.06.1945 war das Amtsgericht Frankenthal eines der ersten pfälzischen Gerichte, das mit 11 Bediensteten seinen Dienstbetrieb wieder aufnahm. Der Raummangel der Nachkriegszeit erschwerte den Betrieb erheblich; zeitweilig war das Gericht an drei verschiedenen Stellen in der Stadt untergebracht. Erst 01.08.1954 konnte das (schmucklos) wiederaufgebaute Gebäude in der Bahnhofstraße bezogen werden (siehe Abb.3).

Doch nicht lange sollte das Amtsgericht in seinem Gebäude bleiben. Durch die Gebietsreform im Jahre 1969 war das ehemalige Bezirksamt in der Friedrich-Ebert-Straße, neben dem Gebäude der Staatsanwaltschaft, frei geworden. Da das Landgericht immer mehr Räume benötigte, zog das Amtsgericht im Jahre 1970 in das „neue“ (eigentlich aber alte, da stark renovierungsbedürftige) Gebäude in der Friedrich-EbertStraße (siehe Abb. 4) und überließ das eigentliche Amtsgerichtsgebäude dem Landgericht.

Aber auch hier musste das Amtsgericht dem Raumbedarf einer anderen Justizbehörde weichen. Als 1981 die Staatsanwaltschaft mehr Platz benötigte, wurde das Grundbuchamt, die Zivil- und die Zwangsvollstreckungsabteilung in das ehemalige Verwaltungsgebäude der alten Haftanstalt, direkt hinter dem ehemaligen Amtsgerichtsgebäude, verlegt. Die alte Haftanstalt am Neumayerring war in der Zwischenzeit abgerissen worden, da am Stadtrand eine neue Justizvollzugsanstalt gebaut worden war. Die Fläche der alten Haftanstalt diente bis zum Neubau des Justizzentrums als Parkplatz für die Mitarbeiter des Landgerichts. Von 1981 bis zum Bezug des Neubaus des Justizzentrums im Jahre 2000 blieb das Amtsgericht Frankenthal damit zweigeteilt, mit allen Nachteilen für die rechtssuchenden Bürger Frankenthals, aber auch für deren Mitarbeiter, unter denen besonders die Verwaltung zu leiden hatte. In dieser Zeit gehörte der Geschäftsleiter, der mit Plastiktüten, Aktenbündel und sonstigen Schriftstücken beladen durch die Frankenthaler Innenstadt zwischen den beiden Gebäuden hin- und herpendelte, zum Alltagsbild der Stadt. Erst mit dem Neubau des dringend herbeigesehnten Justizzentrums auf dem Boden der alten Haftanstalt konnten die Justizbehörden Frankenthals unter einem Dach vereinigt werden. Jetzt ist die Abteilung für Strafsachen wieder in dem Teil des Gebäudes untergebracht, der bis 1969 das eigentliche Amtsgericht war, während das restliche Amtsgericht im komplett renovierten ehemaligen Verwaltungsgebäude der alten Haftanstalt untergebracht ist (siehe Abb. 5).

 

Damit hat eine Jahrzehnte dauernde Odyssee des Amtsgerichts ihr vorläufiges glückliches Ende gefunden, dessen Zukunft hoffentlich für die nächsten Jahrzehnte gesichert ist.